23. Kapitel



Babs und Ansgar haben ein Date. Das Wochenende steht vor der Tür. Eines der seltenen Wochenenden, an denen sie gleichzeitig frei haben.
Sie konnten alle Anfragen, Dienste zu übernehmen oder für eine Nacht einzuspringen, erfolgreich abwehren, haben Einladungen von Freunden ausgeschlagen, den Kühlschrank aufgefüllt und sich vorgenommen, zwei Tage lang abzutauchen.

Ansgar schließt sein Büro ab. Bevor er Feierabend machen kann, muss er noch den unvermeidlichen Jour fixe bei der Pflegedienstleiterin absitzen.
Ein paar Kollegen, die bereits im Konferenzraum Platz genommen haben, torpedieren seine Vorfreude aufs Wochenende. Sie munkeln, dass die von der Klinikleitung beauftragte Beraterfirma, die seit einiger Zeit im Haus umgeht, weitreichende Umstrukturierungen empfohlen hat, die nun zur Diskussion
gestellt werden sollen.
Ansgar runzelt die Stirn.
Lästig, diese Wusel. Man sollte mal einen Kammerjäger konsultieren, um sie wieder loszuwerden.
Die Pflegedienstleiterin betritt den Raum. Mit kurzen Worten bestätigt sie das Gerücht und übergibt an einen Anzugträger, den sie als External Consultant der Firma McCarthy & Co. vorstellt.
Der Berater löscht das Licht, rollt die Leinwand aus und bringt seine Powerpoint-Präsentation in Stellung.
Die Stationsleitungen rutschen tiefer in ihre Stühle, als er den guten, alten, seit Jahren eingefahrenen Systemen den Kampf ansagt.
Die erste Breitseite: Arbeitsprozesse straffen, Restrukturierung und Standardisierung hallt noch nach, als flache Hierarchien den Nahkampf einleiten.
Personalpool, der Hieb in die Magengrube, lässt ihnen die Luft weg bleiben.
Bevor sie sich erholen können, feuert der Berater ein Stakkato ab. Anspruchsvolle Aufgaben, über den Tellerrand, leistungsbereit und flexibel zischt durch die Luft, dass sie die Köpfe einziehen.
Teamgeist neu definieren scheint das Ende des Bombardements anzuzeigen, doch sobald sie ihre Nasen ein wenig in die vermeintlich reine Luft recken, verpasst ihnen Gesamteinsparvolumen den finalen Fangschuss.

Geschlagen hängen sie in ihren Stühlen und starren auf die letzte Folie des Vortrages, die im Corporate Design von McCarthy & Co. für ihre Aufmerksamkeit dankt.
Die Pflegedienstleiterin zieht die Vorhänge zurück, knipst das Licht wieder an und bittet um Fragen und Stellungnahmen. Sie erntet nicht mehr als ein Murmeln.
Einige der Stationsleitungen blicken kopfschüttelnd in die Runde, andere sitzen wie gelähmt. Allen stecken die Geschosse des Beraters tief in den Knochen.
Zögerlich hebt Ansgar seine Hand.
„Also, hab ich das jetzt richtig verstanden? Unsere Teams sollen aufgelöst werden?“

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